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Aargauer Jurapark am 12. April 2025

IMG 7288 ergebnisDass wir am Samstag fahren, ist eher außerhalb der Regel. Aber es sollte der letzte Tag der überaus sonnigen und warmen Woche sein und für Sonntag wurde Regen angekündigt. Achim und ich verabredeten uns auf Halb-Zehn am Bahnhof in Bad Säckingen.

Ich bin mit der Regionalbahn angereist. Achim hatte dort schon gut 25Km in den Beinen – von Waldshut aus. Ja dann mal los. Sonnig und frisch ging es durch die belebte Altstadt und über die alte Holzbrücke in die Schweiz.

Der Weg bis Eiken und Frick war nichts Neues und auf ebener Strecke diskutierten wir erst einmal die enormen Sprünge der Börsenkurse und das dazugehörige Theater der US-Zölle in der abgelaufenen Woche.

Am Ortsausgang Frick fanden wir dann den Radweg 908 Jurapark-Aargau-Route, der uns gleich mit einer schönen Steigung in Empfang nahm. Und die Route sollte es in sich haben. Sie führte uns über unbekanntes Terrain auf den Höhenrücken zwischen Fricktal und Aaretal bis Brugg und noch viel, viel weiter. Aber der Reihe nach.

Tour und Streckenverlauf

Streckenführung 

Tourengröße war heute gerade noch "XL+" 95KM bei 1500HM bei mir, Achim hatte 115KM.
Teilnehmer waren Achim Stoll und Martin Ruppelt.

Tour in Komoot

Die Tages-Tour

Die ersten Höhenmeter waren erklommen, die Betriebstemperatur inzwischen in den grünen Bereich gestiegen. Die Morgenfrische ließ spürbar nach. Langes Beinkleid und lange Ärmel wurden abgelegt, während ein paar Wanderer und eine Mountainbikefahrerin uns passierten und ebenfalls die Höhe suchten.

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Ob der Liselotte haben wir dann einige Male gestaunt. Es geht um die eben erwähnte Mountainbikefahrerin. Sie fuhr ohne Motor, versteht sich. Achim und ich fuhren mit Motor, versteht sich auch. Ich weiß nicht, ob die Dame tatsächlich Liselotte heißt. Auf jeden Fall ist sie jede Steigung in ihrem Rhythmus wie ein Uhrwerk hochgezogen. Und heute gab es viel mehr Steigungen als sonst. Die Streckenführung war profiliert.

Ist sie älter oder jünger als wir? Ich hätte sie etwas älter geschätzt, aber wie sie gefahren ist, musste sie eigentlich jünger sein, deutlich sogar. Klar, sie hatte ja kaum Gewicht. 50 Kg? Eher weniger? Und zäh.

Am Berg konnten wir – mit Motor - natürlich davonfahren, oben angekommen gab es dann immer viel zu sehen, so dass wir anhielten und die weite Aussicht genossen. In den Schwarzwald. Wir erkannten Bergalingen mit dem rot-weißen Funkmasten, weit dahinter den geschwungenen Bergrücken des Belchens und die Windkrafträder oberhalb dem Hornbergbecken.

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Nach strenger Talfahrt gab es dann ein Auf und Ab über Anwil bis Oltingen. Schöne, aufgeräumte, völlig unbekannte Ortschaften in lieblicher Landschaft. Am Ortausgang überholte uns ein Rennradfahrer im sportlichen Stil. Der Bike-Navigator warnte uns gleich wegen der bevorstehenden Steigung. Die Bäume standen nun immer dichter, es wurde dunkler, der Weg steiler und die Landschaft verwandelte sich in eine Art dicht bewaldeter Canyon, alles sehr schön. Plötzlich war es so steil, dass wir gar nicht anders konnten und den eben noch sportlichen Rennradler passieren mussten. Er war offensichtlich "not amused". Ja, was sollten wir machen?

Am nächsten Haltpunkt waren die weiß glänzenden Gipfelketten der Alpen zu bestaunen. Achim zauberte süße BonBons aus der Satteltasche. Unten im Tal die Aare, Aarau und die Dampffahne des Kernkraftwerks Gösgen. Plötzlich fuhr sie dann wieder vorbei, ohne anzuhalten: Die Liselotte. Extra aus Winterthur war sie per Bahn bis Frick angereist und wollte heute die 2. Etappe des 908er fahren.

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Auf grobem, staubigem Untergrund ging es bergab, im Wald. Zwischen den Bäumen war dann, erst schemenhaft ein riesiger Gebäudekomplex auszumachen. Die Klinik Barmelweid, knapp unterhalb dem höchsten Punkt des Kantons Aargau (908m). Ich erinnere mich, dass unsere Tina K. 2019 einige ihrer letzten Tage dort verbracht hatte, in einer Rehaklinik oberhalb von Aarau. Liebe Tina, ruhe in Frieden.

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Die Saalhöhe und die dazugehörige Passstraße ließen wir nach kurzer Besichtigung hinter uns, bevor es links ab ging, sozusagen ins Unterholz. Die folgende rasante Abfahrt wollte nicht enden, was ja durchaus sehr schön war. Klar war aber, dass wir uns fast jeden Meter wieder hocharbeiten durften.

Die Pilgerstraße schlängelte sich im Wald nach oben und in einer Kehre schimmerte durch den Bärlauch und die dichten Haselnusssträucher ein Platz mit einem alten, massiven Steinkreuz, das alleine in einem hellen Sonnenstrahl stand. Ich wollte noch ein Bild machen. Der Achim war aber schon außer Sichtweite und eigentlich kommen wir ja nicht weiter, wenn ich von jedem Kreuz am Wegesrand ein Bild mache, also weiter.

In der langen Steigung in Gedanken versunken, machte es auf einmal kurz "bling" an meinem Handgelenk. Eine WhatsApp-Nachricht aus der Verwandtschaftsgruppe. Cousine Doris schrieb, dass Tante Maria vor wenigen Stunden sanft entschlafen war, mit 87 Jahren. Ruhe in Frieden.

Und dann erschien er wieder in der Steigung vor uns und wurde nach und nach größer: Der orange Rucksack von Liselotte. Unterm Helm immer noch mit Kappe, langärmlig und mit langen Beinlingen. Inzwischen war es aber so was von warm, mit dieser Sport-Garderobe wäre ich längst an einem Hitzschlag eingegangen.

Auf der Sennweid war dann diese Steigung endlich geschafft. Doch von wegen, dass es jetzt auf einem schönen Höhenweg weiter ginge. Tief ins Tal hinab zeigten die roten Radwegpfeile, wir querten die Benkenstraße und die nächsten zwei, drei Kilometer ging es wieder mit 10 bis 12 Prozent ordentlich nach oben. Stichwort „oben“: Achim und ich stiegen ab, tranken etwas und genossen die Aussicht auf die soeben hinter uns gelassene Steigungsstrecke und den ganzen bergigen Background.

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Liselotte zog auf der Passhöhe gleich. Ganz „suure Schenkel han i jetzt“. Da müsste sie jetzt mal eine Pause machen. Ja, es ist nicht mehr weit bis zum Passbeizli am Staffelegg. Jo, des hört sich doch guet a. Und in der Tat war nun Zeit für eine Pause. Also noch zwei Kilometer bergab, einmal über die Hauptstraße zum Staffeleg. Wir schlossen unsere Räder bereits ab. Die Liselotte zog erneut nach, aber von wegen Pause. Sie winkte freundlich, fuhr weiter und verschwand alsbald hinter der nächsten Passhöhe. Wir hatten sie später nicht mehr gesehen. Hatte etwas von „Hupen und zügig weiterfahren“. Vielleicht sind wir ihr mit unseren E-Bikes einfach auf den Sender gegangen. Nun denn.

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„En sure Moscht alkoholfrei“ war hilfreich gegen unsere verstaubten Zungen. Eine Rösti mit irgendetwas dazu war ebenfalls notwendig. Die Sonne schien weiter ordentlich und verkehrstechnisch war an der Passhöhe Staffelegg (621m) einiges los. Neben den ganzen Autos, zogen hier Motorradfahrer in allen Reifenbreiten und natürlich ungezählte Rennradfahrer ihre Bahnen. Beim Aufbruch zogen die ersten Wolken auf, Regen war heute aber kein Thema. Die Abfahrt ins Aaretal erwarteten wir. Es sollte nochmal bergauf gehen, in mehreren Wellen, allerdings nicht mehr all zu lange.

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Auf der Abfahrt auf Wald- und Forstwegen waren jetzt einige Burgen zu sehen: Burg Wildenstein, Schloß Wildegg, die Lenzburg und die Habsburg oberhalb Brugg.

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Ab Kilometer 55 bei Wildegg lagen die Bergprüfungen endgültig hinter uns. Die Fahrt ging weiter entlang der Aare auf ebenem Terrain und das Tempo zog etwas an, so dass wir jenseits der 25 Km/h auch ohne Motor fahren konnten, nein mussten.

Vor Brugg erkannten wir in den Aare-Auen unseren legendären Radweg von letztem Jahr, der aber seinerzeit nicht befahrbar war, wegen „Land unter“ usw. Ganz anders heute. Das war eine ganz trockene Angelegenheit.

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Aare-Radweg in den Auen vor Brugg im Juni 2024 - nicht wirklich fahrbar.

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Selber Weg im April 2025 - gut fahrbar.

Plötzlich war der Weg wieder auf der rechten Seite des Flusses. In den Wäldern zwischen PSI-Zentrum und dem Ort Würenlingen fuhren wir im Zick-Zack auf verschiedenen Forstwegen und steuerten direkt auf das Denkmal zu.

denkmal

„Gedenkstätte für den am 21. Februar 1970 erfolgten Absturz einer Swissair-Maschine im Unterwald, in der Nähe des Paul-Scherrer-Instituts. Bei der durch eine Paketbombe einer palästinensischen Terrorgruppe hervorgerufenen Katastrophe kamen alle 47 Flugzeuginsassen ums Leben.“ Ein ruhiger Ort mitten im Wald im stillen Gedenken. Ruhet in Frieden – unbekannter Weise.

Danach ließen wir rasch Klingnau und den Stausee hinter uns, auch die Ampel an der Rheinbrücke meinte es gut mit uns. Am späteren Nachmittag so kurz nach fünf stiegen wir auf einen Scheidebecher am Minigolfplatz in Waldshut ab und freuten uns ob dieser wunderbaren und gut gelungenen Tour. Es sollte nicht bei einem Scheidebecher bleiben. Die Dämmerung brach herein als ich die letzten Kilometer nach Lauchringen anging und später den großen, orangen Mond über der Küssaburg aufgehen sah.

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Das war wiedermal ein phantastischer Tag und eine überaus lebendige Tour. Erst später sollte mir aufgehen, dass bei allem prallen Leben heute das Thema Tod doch einige Male präsent war, wenn auch nicht als persönliche Gefahr. Die Beerdigung zum obigen Todesfall ist übrigens noch diese Woche.

Heute musste ich erst einmal die Bremsbeläge erneuern lassen, denn kommende Woche ist Ostern und im besten Falle geht es da weiter. Weiter mit einer lebendigen Tour über den Hotzenwald. An Ostern wird ja das Leben gefeiert. In diesem Sinne: Frohe Ostern.

|  Legende zur Tourengröße  |
|  M = bis 40 KM  |  L = bis 80 KM  |  XL = bis 120 KM  |  XXL = größer 120 KM  |
|  +  = größer 1000HM  |  ++  = größer 2000HM  |

Martin Ruppelt